Phidias

Pheidias, Quelle

Phidias, griechisch Pheidias (* um 490 v. Chr. in Athen - † um 425 v. Chr. in Olympia oder Elis) Griechischer Bildhauer und Toreut.

Über das Leben des Phidias, der als der bedeutendste Bildhauer der Antike gilt, ist sehr wenig bekannt. Eine Biographie im modernen Sinn kann nicht geschrieben werden. Allein durch die Beschreibung des vollständig vernichteten, heute nur in Kopien greifbaren Werkes Phidias kann ein ungefährer Schattenriß dieses Lebens sichtbar gemacht werden.

Ausbildung

Phidias wurde um 490 als Sohn des Charmides in Athen geboren. Er erhielt eine gründliche und erstklassige Ausbildung bei den Bildhauern Hegias und Hageladas von Argos, der auch Lehrer von Myron und Polyklet gewesen sein. Die Ausbildung umfaßte nicht nur die Bildhauerei in Stein, sondern auch den Bronzehohlguß mit Hilfe von Wachs, das den Raum zwischen einem Tonkern und einem Tonmantel ausfüllte. Aufbauend auf diese Verfahren entwickelte Phidias später die Kunst weiter, in seinen Bildwerken unterschiedliche Materialien wie Marmor, Bronze, Glasfluß, Gold und Elfenbein zu einem Ensemble zu vereinigen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit stand Phidias im engen persönlichen Kontakt zu den Radikaldemokraten, die 462/61 v. Chr. in Athen an die Macht gelangten. Die bekanntesten sind Ephialtes und Perikles.

Das früheste Werk, mit dem Phidias sein eminentes Können unter Beweis stellte, war ein Athenastandbild aus Gold und Elfenbein für den Tempel von Pellene in der nördlichen Peloponnes. Es dürfte um 465 v. Chr. entstanden sein.

Das Marathonweihegeschenk der Athener in Delphi

Phidias erstes großes Werk war ein Bronzebildwerk, das aus dem traditionell den Göttern vorbehaltenen Zehnten aus der Schlacht bei Marathon (490 v. Chr.) finanziert wurde. Es umfaßte 16 Bronzestatuen, die dem Betrachter auf einem 16 m langen Geviert von geringer Tiefe präsentiert wurden. Dargestellt waren der Feldherr Miltiades, die Schutzgöttin Athens, Athena, der Schutzgott Delphis, Apollon, außerdem die 10 attischen Phylenheroen (u.a. Erechtheus, Kekrops, Pandion, Leos, Antiochos, der Sohn des Herakles und der Meda, Aigeus, Akamas), schließlich Kodros, der mythische Urkönig Athens, der es gegen einen Angriff der Peloponessier verteidigt hat, Theseus, der die Stadt nach außen hin sichernde Heros, und Phileus, dessen Namen von Pausanias verderbt überliefert wird.

Bislang ist es nicht gelungen, römische Kopien mit einer der aufgezählten Figuren überzeugend in Verbindung zu bringen. Ob der Kasseler Apoll oder der Tiber-Apoll auf das Weihedenkmal zurückzuführen ist, ist in der Forschung umstritten. Möglicherweise sind Teile der Inschrift erhalten.

Wenn auch das Werk verloren ist, so kann der ideologisch-kultische Raum, in welchem es entstanden ist, doch rekonstruiert werden. Es bekundet den Führungsanspruch des demokratischen Athens in Griechenlands. Miltiades symbolisiert den Sieg Athens über die Perser und damit die Rettung Griechenlands. Die Athener hatte nicht nach Adelsverbänden, wie in vordemokratischen Zeiten, sondern auf demokratische Weise nach Phylen geordnet gekämpft. Dafür stehen die 10 Phylenheroen. Die 3 anderen Heroen symbolisieren Athens Wehrhaftigkeit und Unüberwindlichkeit. Die Gegenwart der Athena und des Apollon schließlich transzendiert die politische Aussage des Weihedenkmals ins Religiöse und Ewige.

Athena Areia in Plataiai

Die etwa 3,50 m hohe Athena Areia stand im Tempel, den die Athener auf dem Schlachtfeld bei Plataiai zu Ehren des Sieges über die Perser errichtet hatten. Gewand und Waffen waren aus Gold, die nackten Hautpartien der Göttin aus Marmor.

Im Typus der Athena Medici ist das Standbild in römischen Kopien überliefert. An der Basis befand sich das Bildnis des Arimnestos, der in den Schlachten von Marathon und Plataiai das Kontingent der Plataier befehligt hatte.

Phidias Standbild war Zentrum eines Ensembles, zu dem die Maler Polygnotos und Onasias mit Wandgemälde beigetragen hatten. Auf Polygnotos Gemälde war die Tötung der Freier durch Odysseus dargestellt, auf Onasias Gemälde der erste Feldzug der Sieben gegen Theben.

Das Bildprogramm dieses Ensembles richtete sich vor allem gegen die inneren Feinde Athens. Atena, die Schutzgöttin Athens, usurpierte die Insignien Ares, des Schutzgottes Thebens, das während der Perserkriege auf Seite des Gegners gestanden und ein Verbündeter Spartas war. Onasias Gemälde zeigt, wohin Bruderzwist führt, nämlich zum Untergang der Herrscher Thebens, Polygnotos Gemälde die Bestrafung jener, die göttliche Gesetze übertreten.

Athena Promachos in Athen

Phidias begann wahrscheinlich um 460 v. Chr. an der 9 Meter hohen Bronzestatue zu arbeiten; etwa um 450 v. Chr. dürfte das Werk vollendet gewesen sein. Es fand seinen Platz auf der Akropolis in Athen. Die 5 m x 5m große Basis für die Statue ist heute noch zu erkennen. Reste der Inschrift, die berichten, daß die Statue aus Beutegeldern finanziert wurden, sind erhalten.

Die Athena Promachos ist sehr schlecht überliefert. Auf Münzbildern ist zu erkennen, daß sie den rechten Arm ausgestreckt hielt, auf dem Nike, die Siegesgöttin steht. Gegen das linke Bein der Göttin lehnte ein Schild, gegen die linke Schulter die Lanze. Auf dem Schild war der kampf der Griechen gegen die Kentauren dargestellt. Gearbeitet hatten ihn der Toreute Mys und der Maler Parrhasios. Nach dem Perserkriegen verstand man den Kampf gegen die Kentauren als Metapher für den Kampf gegen die Perser.

Athena Parthenos in Athen


Athena Parthenos, moderne Rekonstruktion (Bild von Stoa )

Die Statue

Der Schild

Auf der Außenseite des 4,80 m messenden Rundschildes war der Kampf der Athener und Amazonen im Relief dargestellt, auf der Innenseite war die Schlacht der Götter und Giganten als Malerei zu sehen. Von der Malerei ist nichts überliefert, das Relief kann aber mit großer Sicherheit rekonstruiert werden.

In der Mitte war ein Gorgonenhaupt zu sehen, um das sich Schlangen winden. Darum gruppierte sich in zwei Kreisen 28 Kämpfenden (davon 15-16 Amazonen), meistens in Zweier-, selten in Dreierkonstellation. Die Amazonen waren mit einem Chiton bekleidet, die meisten Athener waren nackt dargestellt. Mit großer Meisterschaft hat Phidias in einem gehobenen, idealisierenden Realismus, wie es dem heroischen Geschehen angemessen ist, das Sterben, das Verwunden, den Angriff der Kämpfenden geschildert.

In der Darstellung eines greisen Steinewerfers sah die Antike ein Selbstportrait des Phidias. Auf dem Gesicht des Theseus vermeinte man die Gesichtszüge des Perikles zu erkennen.

Phidias und der Parthenon

Die Frage, inwieweit Phidias an der Planung und Ausführung des Skulpturenschmucks des Parthenon beteiligt war, hat in der früheren Phidias-Forschung eine große Rolle gespielt. Plutarch berichtet, Phidias habe aufgrund seiner Freundschaft mit Perikles die Leitung oder Aufsicht über alle Arbeiten auf der Akropolis innegehabt. Einige Forscher haben daraus abgeleitet, daß Phidias das Bildprogramm entworfen habe, das dann – daran läßt die Forschung keinen Zweifel – von mehrerer Meister ausgeführt worden sei, Phidias in gewissem Sinne also der Schöpfer des Skulpturenschmucks sei.

Heute scheint die herrschende Meinung zu sein, daß Phidias eher eine Vermittlerfunktion zwischen den verschiedenen Bildhauern hatte. Da Athen Auftraggeber des Parthenon war, wurden alle damit in Zusammenhang stehenden Fragen (auch die künstlerischen) der Volksversammlung vorgelegt, die auf demokratische Weise darüber befand. Man kann sich vorstellen, daß ein so hervorragender Künstler und einflußreicher Politiker wie Phidias ein von ihm entwickelte Programm der Volksversammlung zur Entscheidung vorgelegt und sich damit durchgesetzt hat. Phidias war also nicht das große, alles überragende Genie, das nur seinem eigenen Gesetz gehorcht und in unüberwindlichem Gegensatz zu einer ihn kaum oder nicht verstehenden Volksmasse Kunst schafft, sondern er war eingebunden in die demokratischen Strukturen Athens; nicht das eigene Kunstgesetz war Phidias das oberste Prinzip, sondern der Wille, Athen und dessen Demokratie zu dienen. Insofern muß man den Skulpturenschmuck des Parthenon als das große Gemeinschaftswerk aller Athener betrachten.

Athena Lemnia in Athen

Diese helmlose, leicht überlebensgroße Athenastatue aus Bronze dürfte um 450 v.Chr. entstanden und auf der Akropolis in Athen aufgestellt worden sein. In der Inschrift wurden die Kleruchen der Insel Lemnos als Stifter genannt. Kleruchen waren Athener, die in die verbündeten Territorien entsandt wurden, dort Land erhielten und Athens Interessen wahrnahmen.

Die Göttin erscheint nicht gehelmt, also nicht kampfbereit. In ruhiger Haltung betrachtet sie den Helm, den sie in rechten Hand hält. Ihr gegen die linke Schulter gelehnter Speer deutet jedoch auf ihre Kampffähigkeit hin.

Wohl wegen der unmartialischen Erscheinung galt diese Statue in der Antike als Phidias schönste. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben sich Kopien erhalten. Eine auf den berühmten Archäologen Adolf Furtwängler zurückgehende Rekonstruktion ist in Dresden zu sehen.

Die Zeusstatue von Olympia

Die 12 m hohe Statue ruhte auf einem inneren Gerüst aus Eisen, Gips und Holz, außen mit Gold, Elfenbein und Ebenholz verkleidet und wurde nach der sogenannten Chryselephantin-Technik errichtet. Dabei werden vor allem bei Götterbildern Gesicht, Hände und Füße der hölzernen oder marmornen Figuren mit Goldblech und Elfenbein verkleidet und mit gegossenem farbigen Glas und Edelsteinen verziert.

Zeus-Statue des Phidias

Amazone in Ephesos

Antike Schriftsteller berichten über ein Amazonenmonument im Artemistempel in Ephesos. Phidias, Polyklet, Kresilas, Kydon und Phradmon haben je eine Amazonenstatue gefertigt.

Nach dem Stil der Bronzestatuen zu urteilen, dürfte das Monument in den 430er Jahren errichtet worden sein. Die Statuen des Polyklet, des Phidias und des Kresilas sind in Kopien faßbar. Die Forschung hat die Sosikles-Amazone Polyklet, den Statuentypus Mattei Phidias und den Typus Sciarra Kresilas zugeordnet. Leider ist für den Typus Mattei der Kopf nicht zweifelsfrei überliefert.

Phidias Amazone ist am linken Oberschenkel verwundet. Sie hat deshalb den Chiton nach oben geschürzt und unter den Gürtel gezogen. Mit der rechten, über den Kopf erhobenen Hand stützt sie sich auf dem Speer, um das linke Bein zu entlasten.

Die Amazonen waren, aus Osten kommend, in Attika eingefallen und von den Griechen besiegt worden. Die Überlebenden hatten in Ephesos Zuflucht gefunden. Dort waren aus den männermordenden Kriegerinnen Frauen geworden, die Ehen mit Griechen eingingen und hinfort ein häusliches Leben führten. Die Amazonen wurden von der damaligen Öffentlichkeit als Sinnbild der besiegten Eindringlinge interpretiert. Sie symbolisierten das Schicksal derer, die sich gegen Athen zu stellen wagten.

Aphrodite Urania in Elis bei Olympia

Pausanias berichtet von einer Aphrodite Urania aus Gold und Elfenbein, die im Aphroditetempel in Elis. Der linke Fuß der Statue ruhte auf einer kleinen Schildkröte. Ein römischer Marmortorso im Pergamonmuseum in Berlin überliefert vielleicht die Statue. Stilistisch kann man das Werk den 430er Jahren zuordnen.


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